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"Das Jahr geht so dahin; man merkt es gar nicht." - So stellte es neulich jemand resigniert fest.

Die Feste und Feiern, die Umzüge und Prozessionen, vieles, was gerade in der Sommerzeit dem Jahreslauf seinen Rhythmus gibt, fällt in diesem Jahr aus. Und plötzlich verlieren wir unser Gespür für die vergehende Zeit. Damit verlieren wir aber auch einen wichtigen Halt für unser Innenleben, wir geraten ins Trudeln und unsere Seele verliert die Orientierung. In der Tat haben alle Fachleute schon vom ersten Tag unserer "Auszeit" immer wieder darauf hinge wiesen, wie wichtig es sei, die Tage zu strukturieren und dem Leben einen Rahmen zu geben.

Das gilt sicher nicht nur für den Tages- sondern auch für den Jahreslauf. Wenn äußere Strukturen fehlen und wenn es gemeinsam nicht geht, dann suche ich nach eigenen Fixpunkten, die ich mit Ritualen gestalte. Auch in diesen Tagen bietet sich eine Gelegenheit: Halbzeit.
In einem halben Jahr werden wir wieder Weihnachten feiern und eine Woche später Silvester. Heute kann noch niemand sagen, unter welchen Umständen. Aber zur Halbzeit kann ich heute schon: mit ein paar Freundinnen telefonieren, eine gute Fleische Wein öffnen, auf den höchsten Punkt meines Landkreises fahren und die Aussicht genießen, meinen Lieblingskuchen backen und an die Nachbarn verteilen, barfuß im Regen spazieren gehen, ... Es gibt unendlich viele außergewöhnliche Möglichkeiten, die einen Tag zu etwas Besonderem machen.
1978 hat Detlev Block einen Text geschrieben, der uns dabei begleiten kann:
"Das Jahr steht auf der Höhe, die große Waage ruht.
Nun schenk uns deine Nähe und mach die Mitte gut,
Herr, zwischen Blühn und Reifen und Ende und Beginn.
Lass uns dein Wort ergreifen und wachsen auf dich hin."


Thomas Wollbeck, Pfarrvikar

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