Was soll man sagen, bei so viel Unsäglichem,
was denken, bei so viel Unvorstellbarem,
was planen, bei so viel völlig Unberechenbarem,
wie sich verhalten, in so schwierigen und schlimmen Verhältnissen,
was tun, bei so viel Bedrückendem und Lähmendem?
Wer hätte gedacht, das so plötzlich unser Leben
und unsere Welt, die große und die kleine, so anders,
so still geworden ist, bei all ihrer sonst üblichen
vorlauten Geschwätzigkeit und lautstarken Wichtigtuerei?
Wie dünn ist der Faden plötzlich geworden, an dem
unser aller Leben hängt, wie düster sind die Aussichten,
die uns bisher haben viele Pläne schmieden lassen und
Unternehmungen vorbereiten und Ideen gestalten und
Reisen und Feiern und events und und und?
Wie kleinlaut sind auf einmal die Großsprecher und
Dauerredner, denen so manche glatte Rede im Hals
stecken bleibt, und sie verstummen müssen und
eingestehen, wie wenig sie wissen, obwohl sie sonst
immer auf der Seite der Besserwisser und Alleserklärer standen,
die auf jede Frage eine Antwort hatten,
auch auf die, die gar niemand gestellt hatte?
Wie wichtig und überlebensnotwendig sind auf ein mal
der Rückzug, die Rückbesinnung auf sich und das, was
hält und trägt, aber auch das mühsame und ermüdende
Aushalten und Ertragen all dessen, von dem wir so gerne hätten,
dass es doch möglichst schnell vorbei wäre;
aber dem wird vermutlich nicht so sein – um so mehr
werden wir zu üben haben, wie wenig
wir selbst tun oder ändern können?
Wie wird es uns gehen in der Schule der Passion,
in der dünnen Gänsehaut der eigenen vier Wände,
dem Zurückgeworfen sein auf sich selbst und die einfachsten
und gewöhnlichsten Dinge des alltäglichen Ablaufs?
Wie können wir diese Zerreißprobe, diesen Stresstest
der so ganz anderen Art bewältigen und gut bestehen,
wie können wir beharrlich und beständig die Hoffnung
hegen und pflegen, die Geduld mit dem eigenen Herzblut
üben und dabei immer noch tiefer und echter lernen?
Wie können wir unser Gottvertrauen walten lassen, auch
wenn wir selbst manchmal bedrückt, verzagt und nieder-
geschlagen sind und das Hoffen und Beten anstrengend
wird und uns fordert?
Wie können wir – ja, wir können uns gegenseitig im Gebet
stützen, auch im Abstand und aus der Ferne, obwohl uns
die Nähe viel lieber wäre und das Miteinander in froher
Gemeinschaft uns gut täte?
Wie können wir – ja, wir können, indem wir einander
verbunden bleiben mit guten Gedanken und kostbaren
Erinnerungen und dem Harren und Hoffen und Fragen
und Klagen, wie in den Psalmen, dass unser Gott – doch
und dennoch bei uns ist und bleibt, auch und gerade jetzt…?
Paul Weismantel, 21.3.2020 – vierter Fastensonntag